Bluthochdruck & Ayurveda – Das ganzheitliche Medizinsystem aus Indien und Sri Lanka

von | 31. Januar 2022

Jeder Mensch hat eine ganz individuelle Konstitution, die für ihn „Gesundheit“ bedeutet. Diese Konsti­tution setzt sich aus drei Bio-Energien (Doshas) zusammen, die als Vata, Pitta und Kapha bezeichnet werden. Kenne ich meine Konstitution, so kann ich meinen Lebensstil und meine Ernährung so wählen, dass ich in meinem Gleichgewicht bleibe.

Therapiert werden im Ayurveda keine Krankheitsbilder, sondern der Symptomkomplex, der als Ungleichgewicht der Konstitution definiert wird. Wir therapieren im Ayurveda also vom Ungleichgewicht (Symptomkomplex) hin zur Konstitution. Da es unterschiedliche Konstitutionstypen gibt, können die Maßnahmen, die ergriffen werden, auch bei einem gleichen Symptomenkomplex unterschiedlich sein – je nach Konstitutionstyp. Dies gilt auch bei Krankheitsbildern wie dem Bluthochdruck. Es werden drei Grundtypen (Bio-Energien bzw. Wirkprinzipien) unterschieden, die in jedem Menschen in unterschiedlicher Ausprägung vorhanden sind. Diese Ausprägung gilt es, genau zu erarbeiten, durch Befragung und durch die Pulsdiagnose. Nachfolgend einige typische Aspekte, die diesen Bio-Energien zugeordnet werden.

Vata – das Bewegungsprinzip

Menschen, bei denen Vata dominiert, sind schlank und zierlich oder aber auch hoch aufgeschossen. Sie sind flink, heiter, lebhaft und aufgrund ihrer Gewandtheit und Fröhlichkeit oft beliebt. Sie sind kreativ und sehr spontan. Chronische und vor allem degenerative Prozesse wie Alterung unterliegen dem Vata-Prinzip. Zu Vata gehört ebenso Gedankenflut, Stress, Nicht-Abschalten-Können, Verspannungen und vieles mehr.

Pitta – das umwandelnde-Prinzip

Pitta-Typen sind eher muskulös, sehr lebendig, dynamisch, intensiv und leicht erregbar. Sie verfügen über einen wachen, scharfen Intellekt, sind jedoch manchmal auch überkritisch. Das Gedächtnis ist interessengesteuert. Pitta regiert im Menschen den Stoffwechsel und ist für die Energiegewinnung zuständig.

Kapha – das schützende und nährende Prinzip

Der Körperbau ist eher kräftig und kompakt. Die Haut wirkt kräftig und dick. Kapha-Typen sind nicht leicht aus der Ruhe zu bringen. Sie wirken ausgeglichen und gemütlich. Kapha gibt uns das Durchhaltevermögen und hat als Schutzprinzip viele Aufgaben, die lebensnotwendig sind. Sehr zum Leidwesen dieser Menschen kann sich das Kapha im Körper schnell ansammeln. Das drückt sich durch Übergewicht, Cellulite, Trägheit, Verschlackung und vieles mehr aus.

Diese Grundkonstitutionen gibt es zwar auch als typisch „Vata“, „Pitta“ oder „Kapha“, meist sind aber zwei dieser Doshas (Bio-Energien) vorherrschend; manchmal auch alle drei. Die eigene Konstitution zu kennen und danach sein Leben und seine Ernährung auszurichten, ist der grundsätzliche Ansatz der ayurvedischen Gesundheitslehre. Wenn Menschen krank werden, dann ist diese natürliche Konstitution gestört. Die Störung zeigt sich als Symptome. Jeder Konstitutionstyp kann grundsätzlich jede Art von Störung bekommen. Störungen, die dem eigenen Konstitutionstyp entsprechen, bekommt man aber leichter.

Ein Vata-Typ wird also am ehesten Vata-Störungen haben, er wird beispielsweise ganz besonders stark auf Stress reagieren. Ein Pitta-Typ ist ganz besonders ist anfällig für Entzündungen und Allergien und der Kapha-Typ für Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus, Übergewicht oder Steinbildungen.

„In der Behebung der Ursache liegt die Heilung“

… lautet ein wesentlicher Aspekt in der Ayurveda-Medizin. Und die Ursache sind in der Regel nicht die Funktionsstörungen, sondern bestimmte Verhalten des Lebensstiles und der Ernährung. Werden diese Ungleichgewichte eliminiert, dann wird sich dies auch auf den Bluthochdruck positiv auswirken. Wir müssen also bereit sein, unser Leben zu reflektieren und das wegzulassen, was zur Störung geführt hat. Zusätzlich hat die Ayurveda-Medizin natürlich Maßnahmen, die eingesetzt werden, um das Gleichgewicht der Doshas wieder herbeizuführen. Massagen mit spezifischen Ölen, Kräutermittel, die den Stoffwechsel umstimmen und wenn das Krankheitsbild schon sehr ausgeprägt ist, Kuren, die über mehrere Wochen gehen können.

Vata-, Pitta- oder Kapha-Störung?

Folgende Merkmale zeigen, ob der Bluthochdruck eher eine Vata-, Pitta- oder Kapha-Störung ist:

Typisch für eine Vata-Störung:

  • starke Schwankungen des Blutdrucks
  • Zusammenhang mit Stresszuständen, mentalen und psychischen Anspannungen
  • Ängstlichkeit hinsichtlich der Folgen des Bluthochdrucks
  • Schlafstörungen, Erschöpfung, Überforderung
  • Herzklopfen und Kurzatmigkeit

Typisch bei Pitta-Störungen 

  • Rötungen von Gesicht und Augen
  • Kopfschmerzen, Lichtsensibilität, Druckgefühle, Nasenbluten 
  • Gesteigertes Hitzeempfinden
  • Zorn, Aggressionen, Reizbarkeit

Typisch bei Kapha-Störungen 

  • Oft gleichbleibend hoher Blutdruck mit wenig Schwankungen
  • Übergewicht, Wassereinlagerungen, Bewegungsmangel 
  • Fettstoffwechselstörungen – erhöhte Cholesterin-werte 
  • Kohlenhydratstoffwechselstörungen (Diabetes mellitus)
  • Neigung zur Arteriosklerose 

Empfehlungen aus ayurvedischer Sicht

  • Verantwortung für Krankheitsbild übernehmen.
  • Einschänken oder weglassen von Genussgiften.
  • Mehr Bewegung.
  • Stressabbau – Meditation, Atemübungen, das Leben ruhiger gestalten – weniger ist oft mehr.
  • Eine Fastenwoche durchführen und dann regelmäßig Entschlackungstage ins Leben integrieren. 
  • Morgens früher ausstehen und nüchtern heißes Wasser trinken. Diese Empfehlung gibt es häufig auch schon bei uns im Westen. Im Ayurveda empfehlen wir aber, das Wasser etwa zehn Minuten zu kochen, um es dann so warm wie möglich schluckweise zu trinken. Das hilft übrigens oft auch schon, um regelmäßig täglich Stuhlgang zu haben.
  • Ein weiter Aspekt ist das Reinigen der Zunge. Auch dies ist mittlerweile oft schon auf der Empfehlungsliste bei uns im Westen. Der Belag der Zunge zeigt, dass der Körper über die Schleimhäute entgiftet – dieser Entgiftungsprozess wird durch das Reinigen der Zunge unterstützt.
  • Die Ernährung ist im Ayurveda ein ganz wesentlicher Aspekt von Gesundheit – als Gesundheitsvorsorge, aber auch in der Ayurveda-Medizin. Hier einige wichtige Prinzipien der Ayurveda-Ernährung:
  • Möglichst oft am Tage warm essen – warmes Essen ist laut Ayurveda leichter zu verstoffwechseln. 
  • Auch die Getränke sollten warm sein, empfehlenswert sind Tees, welche die einzelnen Organe stärken, aber auch Ingwertee und auch tagsüber abgekochtes, heißes Wasser.
  • Mehr Gewürze und Kräuter für die Mahlzeiten verarbeiten. Dadurch kann man meist deutlich Salz einsparen und zusätzlich wird durch die Geschmacksrichtungen scharf, bitter und herb der Stoffwechsel angeregt und die Entgiftungskraft gestärkt. Der bittere Geschmack unterstützt auch nachhaltig dabei, weniger süß zu essen.
  • Gut kauen- das verhilft dazu, dass wir meist weniger essen, da das Sättigungsgefühl früher kommt.
  • Erkennen der Ungleichgewichte der Konstitution und dann eine entsprechende Korrektur. Hierfür habe ich einen spezifischen Fragebogen erarbeitet, den Interessierte ausfüllen können. Es sind 45 Fragen, zuzüglich eventuell zusätzliche Informationen zur Lebenssituation. 

Diesen Fragebogen werte ich kostenlos aus unter www.ayurveda-fragebogen.de. 

Sich tiefer mit der Ayurveda-Lebensweise zu beschäftigen, z. B. Ernährungsumstellung unter Anleitung – Besuch von einem Ayurveda-Kochkurs – Konstitutionsbestimmung – Abnehmen – eine Ayurveda-Detox-Fastenwoche oder eine Ayurvedakur.

Wolfgang Neutzler

Wolfgang Neutzler

Ayurvedalehrer und Leiter der Ayurvedaschule in Gundelfingen an der Donau