Heilende Zärtlichkeit – Wie Berührung tief heilen kann
Berührung heilt. Dieses Wissen ist so alt wie die Menschheit. Es ist tief in unserer Intuition verankert. Auch in Zeiten vielfältiger medizinischer und psychotherapeutischer Fortschritte ist sie die am tiefsten greifende Möglichkeit, mit der wir Selbstheilungsprozesse in Gang setzen können. Doch was genau ist es, was da heilend wirkt? Es ist nicht ein bloßer mechanischer Einfluss auf bestimmte Körperstrukturen und auch nicht eine unerklärliche Energieübertragung. Es ist die Zärtlichkeit der Berührung. Es ist das sinnliche Strömen, das wir mit ihr im Körper anregen. Was letztendlich das körperlich und seelisch Heilende ist, sind sehr zärtliche, schmelzende, uns tief berührende und erregende Gefühle, die frei durch unseren Körper fließen.

Sie kommen aus unserem Innersten, aus der Quelle unserer Zärtlichkeit, aus einem machtvollen Punkt in der Mitte unseres Beckens, der uns in unsere volle Lebenskraft bringt, und in dem zugleich unsere verletzlichsten und existenziellsten Erfahrungen verborgen sind. Es ist der Ort, in dem unser Inneres Baby wohnt, in dem all das unser Leben lang vorhanden bleibt, was wir am Grundlegendsten für unser Leben brauchen: uns vollkommen aufgehoben, geborgen und getragen zu fühlen, mit allem um uns herum ganz und gar verbunden zu sein.
Jede liebevolle, zärtliche Berührung können wir tief in uns hineinlassen, kann ganz nach innen in dieses sakrale Zentrum gehen und sich von dort – wie von einer unendlichen Kraft verstärkt – als eine wunderbare weiche und sinnliche Energie in unseren ganzen Körper ausbreiten. Wenn wir uns für die feinen Energien aus unserem Becken öffnen, werden wir erleben, wie sehr es eine sehr zarte, nicht genitale „sexuelle“ Erregung ist, die als unsere wahre zärtliche Lebensenergie immerzu in unserem Körper pulsiert.
Es ist ein unerschöpfliches Reservoir voller Liebe, das wir hier in uns tragen. Liebe beginnt nicht, wie so oft gemeint wird, in unserem Herzen. Sie kommt von weiter unten, aus unserem Becken, aus unserem Bauch. Von hier erfüllt sie unser Herz, füllt sie unsere Brust, fühlen wir sie in unserem Gesicht, erleben wir sie in unserem Geist und können ihr unseren Ausdruck geben. Durch unser offenes Becken und der magischen Stelle darin strömt alles von außen wieder zu uns herein, wandelt sich von neuem in Weichheit und Schönheit und schließt den Kreislauf des Lebens, ein immerwährendes Geben und Neben, ein endloser Austausch von Innen und Außen.

Eine neue therapeutische Methode
In den Körper pulsierende Berührungen dringen am tiefsten in uns ein und fließen in Wellen zu unserer Mitte hin. Mit öffnenden Körperhaltungen und Vorstellungsbildern können wir unseren Beckenboden öffnen und in unserem ganzen Becken weit und offen werden und darin ganz zu Hause sein. Aus dieser inneren Weite heraus können wir von innen her die zärtlichen Berührungen in unser Tiefstes lassen. Oft nicht gesehen und aufs Engste zusammengezogen schlummert dort unser Inneres Baby vor sich hin. Dabei ist es sein eigentliches Streben sich auszudehnen, in unseren sinnlichen Gefühlen aufzuleben, sich mit ihnen in alle Richtungen auszuweiten, uns ganz zu erfüllen und über uns hinaus zu treten und dadurch mit allem um uns herum eins zu werden.
Die Bedeutung unserer Sexualität
Das ist es, was wir in der wahren Tiefe unserer Sexualität so sehr suchen und zugleich so sehr fürchten. Wir suchen unsere ursprünglichste, vollkommen sinnliche Lebendigkeit, unsere tiefste freudige Erregbarkeit – und darin eine alles umfassende Liebe und Verbundenheit – und schrecken doch genau davor zurück. Denn dies zu fühlen kann sehr schmerzhaft sein, kann je entbehrungsreicher unsere ersten und späteren Erfahrungen waren, umso scheinbar unerträglicher sein. Deshalb leiten wir so oft unsere Energie mit starken Stimulationen direkt in unsere Genitalien und schränken unser Erleben auf ein hauptsächlich darin gefühltes Lustempfinden ein oder meiden unsere sexuellen Gefühle wo immer es möglich ist oder reduzieren gleich insgesamt unsere Empfindungsfähigkeit.
Wenn wir jedoch mit sanften und pulsierenden Berührungen unsere sexuelle Erregung nicht in unsere Genitalien, sondern stets nach innen in unser Beckenzentrum lenken, kann sie von hier als unendlich heilsame zärtliche Gefühle in unseren ganzen Körper strömen. Diese Gefühle können zunächst sehr fein und klein sein, sie können aber auch, selbst und gerade auch unabhängig von Erektionen, unglaublich intensiv und ekstatisch sein


Ein besonderer seelischer Punkt
Mit ihrer Verbindung durch die Vagina zum Gebärmutterhals haben Frauen einen starken energetischen Zugang und ein äußerst empfindsames Organ im Zentrum ihrer Zärtlichkeit. Männern fehlt diese anatomische Manifestation, doch sie tragen sie genauso in sich. Es ist kein besonderer körperlicher Punkt, aber es ist ein ganz besonderer seelischer Punkt, der sich auch bei ihnen dort im Becken befindet. Noch mehr als Frauen müssen sie sich aktiv darauf einlassen, diese Lebensquelle in sich wahrzunehmen. Und wie bei Frauen hat sie unzählige Verbindungen zu allen Bereichen unseres Körpers und lässt sich so von überall her erreichen. Je mehr wir diesen machtvollen Bereich in uns kennen und spüren, desto stärker und anhaltender können wir unsere zärtliche Lebenskraft darin erwecken und von hier nach außen geben.
Wären wir in jedem Moment unseres Lebens mit dieser zärtlichen Kraft aus unserem Becken verbunden, würden wir erkennen, dass sie in alle unsere Lebensäußerungen fließt, dass sie unsere eigentliche Lebensenergie ist, dass unsere sexuellen Gefühle und unsere scheinbar nicht sexuellen sonstigen Gefühle dasselbe sind, dass sie niemals getrennt sind, und dass sie in ihrem tiefsten Grund immer Liebe sind.
Die Vorgehensweise
Ganz besonders dort, wo sich in unserem Körper Spannungen aufbauen oder Krankheitssymptome zeigen, möchte unsere Lebensenergie gerade am stärksten fließen und halten wir sie am meisten fest. Doch genau hier können wir sie auch besonders wirksam mit sanftem Druck und kleinen, zärtlich pulsierenden Bewegungen in die Tiefe des Körpers hinein und aus der Tiefe des Körpers heraus, in langsamen und in schnellen Wellen, flächig mit den Händen und punktuell mit den Fingern, zart wiegend und freudig tanzend wieder in Bewegung bringen. Es kann ein leichtes Kribbeln, ein leises Ziehen, ein zartes Schmelzen oder Strömen sein, das wir in unserem Beckenraum oder sonst irgendwo im Körper damit auslösen. Es kann immer stärker werden, immer erregender werden, an besonders energetisierten Punkten sogar sehr erregend werden, je empfänglicher wir dafür werden.
Es ist eine sinnliche Erregung, die in unseren ganzen Körper und nicht vor allem in unsere Genitalien fließt. Sie ist das Mittel, der „Botenstoff“, mit dem sich Zärtlichkeit besonders stark auf uns übertragen kann, durch den sie so stark in uns angeregt werden kann. Erregende Zärtlichkeit ist die stärkste Zärtlichkeit, die wir fühlen können, ist also das, was am stärksten unsere Lebensenergie ins Fließen bringen und uns damit zugleich am intensivsten Liebe und Geborgenheit vermitteln kann. Deshalb sehnen wir uns so sehr nach schmelzenden erregenden Gefühlen und werden doch nicht selten darin angespannt, so dass wir erregende Erlebnisse suchen, aber dabei die Zärtlichkeit nicht mehr fühlen.
Es ist wie eine sinnliche Form von Akupressur, mit der wir hier behandeln. Sensible Punkte in unserem Bauch- und Beckenraum verbinden uns oftmals am direktesten mit der Lebenskraft in unserer Mitte. Doch an zahllosen Stellen unseres ganzen Körpers, auf der Haut und tief im Gewebe, können wir intensiv das heilende Strömen auslösen. Rückenleiden, Gelenkprobleme, alle Arten von Verspannungen, Krankheiten und blockierenden Gefühlen reagieren überaus stark auf das energetische Feld des zarten Pulsierens, wenn wir mehr und mehr unsere Empfindsamkeit dafür schulen.
So können wir im freien Strömen unserer zärtlichen, sinnlichen Lebensenergie zu unserer wahren inneren Freude kommen, in der sich alles auch in uns selbst erfüllt – und damit uns selbst und der Welt den Frieden bringen, der unserem eigentlichen Menschsein so sehr entspricht.


Eduard Erhart
Physiotherapeut, Diplomsozialarbeiter
Begründer der Heilenden Zärtlichkeit
Wippertstraße 8, 79100 Freiburg
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