Yoga: Körper, Geist und Seele im Einklang

von | Nov 3, 2016

Früher wurden sie ein wenig belächelt: Buddhistisch angehauchte Yoga-Jünger, die – im Einklang mit sich selbst und mit ihrer Umwelt – ihr ,,Om“ tönten. Heute ist Yoga in der Gesellschaft angekommen.

Bequeme Kleidung sowie eine weiche Matte – mehr ist nicht nötig, um Vitalität, Gelassenheit und mehr Lebensfreude in den Alltag zu bringen.

Yoga entstand vor rund 2.000 Jahren in Indien und ist eine philosophische wie auch religiöse Lehre und Teil der traditionellen indischen Heilkunde, dem Ayurveda. Dabei gibt es gar nicht ,,den Yoga“, sondern zahlreiche Schulen, Traditionen und neuzeitliche Entwicklungen. Wer einfach bei irgendeinem Yogakurs schnuppert, findet sich entweder bei den mehr spirituellen Formen wieder, meditierend und Mantras singend. Oder ist bei den körperbetonten Schulen, bei denen das Body-Workout im Vordergrund steht, nach kurzer Zeit physisch schon ziemlich ausgepowert.

Der gesundheitsfördernde Aspekt wird zwar in den verschiedenen Yogarichtungen unterschiedlich gewichtet, doch allen gemeinsam ist eine grundsätzlich Stress reduzierende und entspannende Wirkung auf Körper, Geist und Seele.

Mit langem Atem und Körperhaltung zu innerer Ruhe

Alle klassischen Yogatraditionen basieren im Wesentlichen auf körperorientierten Übungen, jedoch unterscheiden sie sich hinsichtlich der Kombination verschiedener Techniken und Elemente. Essentielle Bestandteile einer Yogaklasse sind Übungsreihen, die aus verschiedenen Basishaltungen (Asanas) bestehen und dehnend oder dynamisch ausgeführt werden können.

Unterstützt wird die Wirkung der einzelnen Übungen durch symbolische Hand- und Fingergesten, die so genannten Mudras. Ein Augenmerk liegt bei jeder Übung auf einer bewussten Atmung (Pranayama). Daran schließt sich eine Phase der Tiefenentspannung (Shavasana) an, in der die Teilnehmer die Impulse auf Geist, Körper und Seele spüren sollen.

Als Hilfen, den Geist zur Ruhe zu bringen und zu fokussieren, werden in der nachfolgenden Meditation Konzentrationswörter (Mantras) oder so genannte Konzentrationspunkte eingesetzt, bei denen die Praktizierenden ihre Konzentration auf bestimmte Punkte, zum Beispiel zwischen den Augenbrauen (das ,,dritte Auge“), den Nabel oder den Scheitelpunkt, richten.

Ein zentraler Aspekt beim Yoga ist die Schulung der Körperwahrnehmung und Achtsamkeit. Generell ist jede Form von Yoga geeignet, um Stress und stressbedingte Beschwerden wie Schlaflosigkeit, Konzentrationsschwächen oder Nervosität abzubauen und den Bewegungsapparat zu trainieren. Der Yoga soll außerdem den Blutkreislauf und die Verdauungsorgane anregen, das Drüsen- und Immunsystem stärken und Organe in ihrer Funktionalität unterstützen. Von vielen Krankenkassen ist es als Methode zur Stressbewältigung anerkannt. In einigen Ländern, wie z. B. Schweden, ist Yoga Bestandteil im Ausbildungskatalog von Ärzten und gilt als geeignete Methode, Heilprozesse zu unterstützen.

Die über die unmittelbare körperliche Ebene hinausgehenden Effekte des Yoga stellen sich im Laufe der Zeit von selbst ein: Je regelmäßiger und langfristiger geübt wird, umso mehr lernt jeder, mit Hilfe der Übungen das Körperbewusstsein zu verbessern und die Sprache des Körpers zu verstehen. Daraus lassen sich gesundheitsorientierte und lebensbejahende Gewohnheiten entwickeln. Oder wie Yogi Bhajan sagte: ,,Ihr habt das Potenzial, alles zu tun, aber ihr müsst dieses Potenzial auch erkennen.“

Im Einklang mit sich selbst

Yoga ist für Menschen jeden Alters und jeder körperlichen Verfassung geeignet, die bereit sind, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Selbst Gehbehinderte und Bettlägerige können es beispielweise mit einem Schwerpunkt auf Atem- oder Klangübungen praktizieren. Bei akuten Krankheiten wie einem Bandscheibenvorfall sowie einer Schwangerschaft oder psychischen Erkrankungen ist eine Rücksprache mit dem Arzt ratsam. Inzwischen gibt es zahlreiche Yoga-Angebote, je nach Interesse ist für jeden etwas dabei, wie z. B. Yoga während der Schwangerschaft, Yoga für Kinder, Business Yoga, Hormon Yoga, Yoga für Senioren, Yoga Therapie. Wer nach einem passenden Kurs sucht, tut gut daran, die fachliche Qualifikation des jeweiligen Yogalehrers zu prüfen. Yoga ist ein komplexes Übungssystem und erfordert eine profunde Ausbildung. Eine gute Orientierung ist gegeben, wenn der Yogalehrer von einem Fachverband zertifiziert wurde, der die entsprechende Tradition vertritt und für eine hohe Ausbilderqualität bürgt.

Yoga – jedem das Seine

Hatha-Yoga
… ist der Oberbegriff für alle körperbetonten Yoga-Arten. Im Mittelpunkt stehen Praktiken wie Körper-übungen, bewusste Atem-führung und Tiefen-ent-span-nungstechniken, die darauf abzielen, Körper und Geist in Balance zu bringen.

Ashtanga-Yoga
…entspringt der Hatha-Yoga-Tradition und ist häufig in Fitness-Studios zu finden. Bei diesem Power-Yoga werden die einzelnen Übungen sehr schnell und mit wenig Pausen ausgeführt. Es erfordert eine gute Grundkondition und eignet sich für alle, die Kondition aufbauen wollen.

Bikram-Yoga
… besteht aus 26 Grundübungen, die in einem heißen Raum (35 bis 40 Grad) geübt werden. Dadurch sollen die Muskeln geschmeidiger und das Verletzungsrisiko geringer sein. Es ist nicht geeignet für Menschen mit Herz-Kreislauf-Problemen.

Iyengar Yoga
…wird mit Hilfsmitteln wie Holzblöcken, Decken und Gurten durchgeführt und ist gut für alle, die ihren Körper genau kennenlernen wollen. Körper- und Atemübungen werden sehr langsam, konzentriert und genau ausgeführt.

Jnana-Yoga
… Yoga des Intellekts und der Erkenntnis. Hier geht es um Frage nach dem (Lebens-) Sinn. Mit Techniken zur Klärung vergangener Erfahrungen und mental ausgerichtete Meditation soll intuitiver Zugang zur Wahrheit geschaffen werden.

Kundalini-Yoga
… ist eine der ältesten Yoga-Richtungen überhaupt und wurde um 1968 von Yogi Bhajan zuerst nach Amerika und dann nach Europa gebracht. Es kombiniert Dehnungs- und Atemübungen mit Meditation, Singen von Mantren und Mudras. Es ist ein möglicher Weg, die eigenen gesundheitlichen Ressourcen zu entfalten und zu stärken.

Bhakti Yoga
… ist das Yoga der selbstlosen Liebe. Die Disziplin von liebender Hingabe ermöglicht es, eigene Wünsche und Begierden zurückzustellen und sich auf diesem Wege persönlich weiterzuentwickeln.

Naad- oder Nada-Yoga
… ist das Yoga des Klangs. Es beinhaltet das Musizieren auf Instrumenten, Gesang und das ,,bewusste Hören“.

Das Ziel des Yogas

Das übergeordnete Ziel eines jeden Yogas ist immer dasselbe, so wie es Patanjali am Anfang des Yoga-Sutra formuliert hat: ,,yogash citta-vritti nirodhah – Yoga ist der innere Zustand, in dem die seelisch-geistigen Vorgänge zur Ruhe kommen“ (Die Wurzeln des Yogas, Barth Verlag). Wenn dies gelingt, ist der Übende mit allen Sinnen ganz im Hier und Jetzt zu Hause und ruht vollkommen in sich selbst. Gemeinhin wird dieser Zustand der mentalen Ruhe als außerordentlich entspannend und erhebend wahrgenommen. Erfahrungsgemäß entfalten sich in diesem Bereich so genannte Schlüsselkompetenzen wie Reflexionsfähigkeit, Empathie und Mitgefühl ebenso wie die Fähigkeit des emotionalen Selbstmanagements. All dies trägt dazu bei, dass der Übende sich selbst erfolgreich(er) durch sein Leben steuert. Dies lässt sich beispielsweise erkennen an einer verbesserten Selbstregulation unter Stress, einem erhöhten Selbstbewusstsein durch die von ihm selbst eingesetzten Fähigkeiten und Ressourcen und einer inneren Klarheit über die eigenen Werte und Ziele. All diese Aspekte sind besonders wichtig in jenen Situationen, die als herausfordernd erlebt werden und in denen dem Betroffenen persönliches Wachstum durch Veränderung seines Verhaltens oder der Lebensumstände abverlangt werden.

Yoga in Kürze

Nutzen: Studien belegen unter anderem positive Effekte von Yoga auf nervöse Beschwerden, chronische Kopf- und Rückenschmerzen sowie Durchblutungs- und Schlafstörungen. Kosten: Kostenlose Schnupperstunde, Kurs à 10 Lektionen ca. 150 Euro, Einzellektion ca. 18 Euro, Privatstunde rund 70 Euro. Kostenträger: Ist der Kurs von der Krankenkasse als Präventionsmaßnahme anerkannt, beteiligen sich viele gesetzliche Krankenkassen an den Kosten. Schnupperstunde: kostenlos. Betreuung: meist als Gruppenkurs. Kurssuche: Yoga-Kurse werden häufig in Volkshochschulen, über Krankenkassen, Fitness-Studios, Vereine oder Yoga-Schulen angeboten. Vermittlung von Kundalini-Yoga-Lehrern beim Berufs- und Ausbildungsverband der Kundalini Yoga LehrerInnen unter www.3ho.de oder dem Berufsverband der Yogalehrenden in Deutschland e.V. unter www.yoga-vidya.de.